Content Strategy x Harry Potter

Tamara Schiffer
8 min readApr 2, 2022

Der fiktive Charakter „Harry Potter“ ist auf der ganzen Welt bekannt. Zusammen mit dem Filmstudio „Warner Bros“ hat es die Schriftstellerin Joanne K. Rowling geschafft nicht nur textlichen Content — also alle sieben Bücher — sondern auch bildlichen Content zu erschaffen, in Form von mittlerweile zehn Filmen (8 Harry Potter Filme und zwei Fantastische Tierwesen Filme). Das Universum rund um „Harry Potter“ ist für mich als sogenannter Potterhead ein gutes Beispiel, was alles als Content zu verstehen ist und wie sich eine Content Strategy auch durch diese „Welt“ ziehen kann.

Die magische Cashcow

Joanne K. Rowling hat Content zu Papier gebracht, in dem sie sieben Harry Potter Bücher geschrieben hat. Zudem hat sie noch ein Folgebuch („Harry Potter und das verwunschene Kind“) geschrieben, sowie verschiedene Prequels — laut Wikipedia fünf an der Zahl. Die Welt rund um die Geschichte des Zauberers Harry Potter hört also auch 20 Jahre nach dem Erscheinen des ersten Buches nicht auf zu existieren.

Zusammen mit dem Filmstudio „Warner Bros“ gibt es die Buchreihe auch als Video-Content in Form von Filmen. Auch hier wird fleißig weiter an der Produktion gearbeitet, da noch drei „Fantastische Tierwesen“ Filme ausstehen (der nächste — dritte Teil — erscheint bereits in wenigen Tagen in den österreichischen Kinos). Zudem wurde das Sequel „Harry Potter und das verwunschene Kind“ als Theaterstück inszeniert, welches nun unzählige Zuschauer:innen in London, Hamburg und in Amerika begeistert.

Neben den offiziellen Büchern und Filmen, die die Geschichte von HP darlegt, gibt es noch zusätzlichen Content in schriftlicher, visueller und auditiver Form, die die Geschehnisse in den Büchern und / oder Filmen ergänzen. Unter anderem kann man sich die Bücher als Hörbücher vorlesen lassen, sich den Soundtrack aus den Filmen anhören, ‚Behind the Scenes‘ Szenen anschauen, nachlesen was es mit „Quidditch im Wandel der Zeit“ auf sich hat oder einfach in der Küche jegliche Leckereien, die in Hogwarts serviert wurden, nachkochen. Auch eine eigene Website lädt zum Verweilen und Erforschen ein. Unter anderem kann man sich auf dieser einem Haus zuordnen lassen, seinen perfekten Zauberstab finden oder auch herausfinden, welche Form der eigene Patronus hat.

Geht man nun weg von jeglichem Content, der von J. K. Rowling ausgearbeitet wurde, so taucht man schnell ab in die Welt des Merchandise. Auch heute noch — wie schon erwähnt: 20 Jahre nach dem Erscheinen des ersten Buches — kann man fast alles mit Harry Potter Motiven kaufen. Ich selbst habe mir mittlerweile ein ganzes Museum an Merchandise-Artikeln angelacht und es wird immer mehr.

Die Zusammenarbeiten mit vielen bekannten Marken lassen das Potterhead-Herz höherschlagen. Egal ob Kleidung (H&M, Primark), Schmuck (Pandora), Schuhe (Vans) oder Spiele (Ravensburger, Trivial Persuit, Lego): Heutzutage erhält man alles was gewünscht wird in einer Harry Potter Edition. Ich muss es wissen, denn ich habe VIELE solcher Kooperations-Artikel zu Hause.

Die Lizensierung für diese lassen sich viele namhafte Unternehmen kosten, denn die Generation, die mit Harry Potter aufgewachsen ist, ist nun eine mit enormer Kaufkraft. Zudem ist der Hype noch lange nicht verstummt, solange es noch weitere Bücher und Filme geben wird.

Mein Potterhead-Leben in drei Bildern

Eine Reise für Potterheads

Neben den Lizensierungen für haptische Dinge, gibt es auch jene für Attraktionen, denn sogar der Tourismus profitiert von dem Rummel, der um HP gemacht wird. Jede:r Potterhead kann demnach eine Reise machen, die nur darauf ausgelegt ist, der Welt rund um Hogwarts näher zu kommen. Der beste Ort dafür ist natürlich London, denn dort gibt es die Warner Bros Studios mit der Harry Potter Ausstellung und die einzelnen Handlungsorte, an denen gedreht wurde (genaue Beschreibungen findet man im Internet hierfür genug). Aber auch in Amerika kann man das Filmstudio besuchen und sogar im „Disney Land“ in den märchenhaften Zauber eintauchen.

Harry Potter Warner Bros Studios

Will man nicht so weit weg, kann man sich im Bundesland Kärnten, in der Hauptstadt Klagenfurt im Phönix Cafe ein Butterbier gönnen. Dazu bestellt man sich traditionell eine Geburtstagstorte (ich verspreche das auf dieser kein Hinternabdruck von Hagrid zu finden ist). In diesem Cafe kommt das Fanherz auf seine Kosten, denn neben HP-klassischen Getränken und Mehlspeisen, gibt es ganz viel Deko zu bestaunen und einen Merchandise-Shop, in dem man sein Erspartes nach Lust und Laune ausgeben kann.

Möchte man nicht verreisen sondern sich lieber dem Thema kulturell nähern, bleibt man im Harry Potter Universum nicht auf der Strecke. So kann man sich entweder das Theaterstück „Harry Potter und das verwunschene Kind“ anschauen oder sich einen (oder mehrere) Film mit Live-Orchester zu Gemüte führen. Es klingt doch auch wirklich ‚erwachsen‘ wenn man als 29-jährige sagt man war im Theater… und hat dabei nur wieder Geld für HP ausgegeben.

Zieht es den Potterhead doch wieder ins Kino kann man auch hier viel Zeit verbringen. Als Beispiel: Das Kino Cineplexx in Graz hat immer wieder Movie-Nights, bei denen auch die alten Harry Potter Teile gezeigt werden. Zudem gibt es bei einer Neu-Veröffentlichung immer mindestens einen Tag, an dem die dazugehörigen früheren Teile gezeigt werden (Double, Triple etc.).

Und wenn man es sich als Potterhead dann doch einfach nur zu Hause gemütlich machen will, so gibt es neben den Filmen auf diversen Streaming-Anbietern und den Ausstrahlungen im TV auch noch immer die Vorfreude auf die Serie, die geplant ist.

Ein Platz für Potterheads

Die Potterhead Community hat es sich zur Aufgabe gemacht (zumeist unbewusst), die Begeisterung für die magische Welt niemals aussterben zu lassen. Dadurch wurde sehr viel neuer Content kreiert, der nicht als Merchandise und somit zu den Lizensierungs-Partnern gezählt werden kann.

Das beste Beispiel hierfür sind endlos viele FanFictions die geschrieben wurden, um die Geschichte rund um Hogwarts niemals enden zu lassen (und auch umzuschreiben). Diese FanFictions reichen von ‚Real-Life‘ (z.B. Harry Potter im realen Leben) bis hin zu ‚Cross-Over‘ (z.B. Zauberer von Harry Potter vs Avenger) Geschichten.

Da lesen den meisten Potterheads nicht reicht, gab es auch bis Ende Jänner 2022 ein Augmented-Reality-Spiel von Niantic: „Wizard Unite“. Das Spiel basierte auf demselben Prinzip wie „Pokemon Go“ und wurde (leider) wegen zu wenig Nutzung abgeschafft.

Potterheads die nicht mehr lesen wollen und etwas im echten Leben erleben möchten, ist bei den verschiedensten Quidditch Teams gut aufgehoben. In Graz sind es die „Graz Grimms“ die auf der Passamtswiese im Stadtpark regelmäßig trainieren (Spoiler: Sie fliegen nicht in echt!). Wer Interesse hat kann gerne auf deren Instagram Seite vorbeischauen.

Quidditch in der Muggel-Welt unterscheidet sich primär darin, dass die Spieler:innen nicht fliegen können, die Bälle geworfen werden und der Schnatz ein Mensch ist. Es gibt jedoch weltweit die unterschiedlichsten Gruppen (mit demselben Regelwerk), die es mittlerweile geschafft haben, dass es sowohl eine Europa- als auch eine Weltmeisterschaft gibt. Also ist Quidditch nicht nur ein netter Zeitvertreib, sondern eine anerkannte Sportart.

The struggle is real

Trotz der ganzen tollen Dinge, die bisher erwähnt wurde, gibt es bei vielen Fans seit einiger Zeit eine Wende. Dieser wurde ausgelöst durch einen Tweet und damit verbunden eine Ethik, die in Frage gestellt wird. Als Fan freue ich mich natürlich, dass es so vieles von Harry Potter gibt, doch als Mensch mache ich mir auch Gedanken, was ich eigentlich mit meinem Fan-Dasein anstelle.

J. K. Rowling hat in einem Tweet eine homophobe und trans-verächtliche Aussage gemacht. Sie hat diese auch nicht zurückgenommen und steht zu ihrer Meinung. Dies ist auf der einen Seite auch vollkommen richtig und bemerkenswert, dass sie so standhaft bleibt trotz des ganzen Shit-Storms den sie abbekommen hat. ABER andererseits haftet nun etwas negatives an dem ganzen Harry Potter Universum, mit dem viele Potterheads nichts zu tun haben möchten. Ich persönlich habe mich dazu entschieden, dass ich JKR als Person nicht mögen muss, um Harry Potter cool zu finden. Für mich hat Homophobie oder Sonstiges keinen Platz gefunden in der Hogwarts Welt und ich werde es weiterhin so sehen, bis ich auf das Gegenteil stoße. Ich verstehe jedoch natürlich alle Fans, die sich abwenden und kein Geld mehr in die Cashcow stecken möchten, da Homophobie, Trans-Verachtung oder generell eine Meinung gegen LGBTQ+ (und jegliche weitere, andere Form von Diskriminierung) nicht tolerierbar ist.

Den zweiten, ethischen Konflikt, den Fans hatten (ich eingeschlossen) war der Rauswurf von Johnny Depp als Besetzung in der Filmreihe „Fantastische Tierwesen“ als Grindelwald. Dies war eine Folge seiner öffentlichen Verhandlung mit seiner Exfreundin Amber Heard, gegenüber der er angeblich handgreiflich wurde. Der Hashtag #justiceforjohnnydepp trendete im November 2020. Die Empörung der Fans war deshalb so stark, weil JKR ein paar Monate vorher per Twitter mitteilte, dass diese Gerichtsverhandlungen im realen Leben stattfinden würden und keine Auswirkungen auf die magische, fiktive Welt hätte. Sie würde hinter ihrer Wahl des Casts stehen und sich auch für sie einsetzen. Tja, daraus wurde wohl nichts! Der Ärger der Fans war daher verständlich und auch ich selbst bin maßlos enttäuscht, dass ein Rosenkrieg, der noch nicht mal entschieden ist und wo es Aussage gegen Aussage steht, zu solch einer lebensverändernden Entscheidung führt — sowohl für Johnny Depp, der eine wichtige Rolle verloren hat, als auch für die Fans, die sich nun an einen neuen Grindelwald gewöhnen müssen.

Mein Fazit

Content ist alles und das Beispiel mit Harry Potter zeigt das ganz deutlich. Es gibt Content in allen Formen und Farben und für alle Sinne:
• Sehen: Bücher, Filme
• Hören: Soundtracks, Hörbücher
• Riechen: Essen, Trinken (Butterbier), Parfüms
• Schmecken: Essen, Trinken (Butterbier) inkl. Koch- und Backbücher hierfür
• Fühlen: Jeglicher Merchandise, Quidditch, Spiele

Alle Unternehmen und Marken, die sich mit Marketing und Content Strategie beschäftigen, haben zum Ziel, dass der Endnutzer / die Endnutzerin, eigenen Content hinzu produziert. Das ist im Falle Harry Potter eindeutig gelungen:
• FanFictions
• Quidditch-Mannschaften
• Fan Filme (ich empfehle „Voldemord — Origins of the Heir“ )
• Bastelanleitungen für diverse Dekomöglichkeiten
• Partyplaner für HP-Partys
• Innendesigner
• etc.

Zudem hat das Universum rund um Hogwarts weitere Eigenheiten:
• eigene Schriftart
• eigene Farben (u.a. Häuserfarben)
• eigene Cliquen (Häuser, Zauberstatus)
• eigene ‚Voice & Tone‘ durch die Zaubersprüche und durch die Parsel-Sprache
• eigene ‚Taxonomie‘ (Häuser, Zaubersprüche, Tierwesen, Zauberstäbe etc.)

Natürlich gibt es von jeder Goldseite auch eine Schattenseite, wie man beim ethischen Konflikt sehen kann… Doch finde ich das Universum der Magier und Zauberer noch immer faszinierend und ich freue mich auch weiterhin ein Teil davon zu sein und weiter in die magische Content Strategy einzutauchen.

Persönliche Einblicke eines Potterheads

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Tamara Schiffer

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