Was ich mit dem Christkind gemeinsam habe — Ein Tagebucheintrag

Tamara Schiffer
4 min readDec 20, 2021

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Ich bin ein Helferlein des Christkinds. Genau genommen des Christkindes, des Osterhasen und Eltern, die sich die Schulsachen für den Schulstart ihres Kindes nicht leisten können. Wie das möglich ist? Mit meinem ehrenamtlichen Verein „wünsch mir was“. Speziell die Weihnachtszeit und damit auch unsere Weihnachtsaktion verlangt von mir sehr viel. So viel, dass ich sagen kann, ich habe einiges mit dem Christkind gemeinsam. Was das ist, erkläre ich in diesem kleinen Tagebucheintrag.

Liebes Tagebuch!

Dieses Jahr beschenken wir mit „wünsch mir was“ 240 Kinder in Österreich. Alle Kinder erhalten ein Geschenk von ihrer Wunschliste. Für mich heißt das sehr viel Stress und Zeitdruck. Alle Geschenke, die von Helferleins meiner Liste (Freund:innen, Studienkolleg:innen, Arbeitskolleg:innen etc.) gesponsort werden, müssen auch abgeholt werden oder werden mir netterweise nach Hause gebracht. Gebracht heißt dementsprechend wieder, dass ich mit diesen Personen ein Zeitfenster vereinbart habe, in dem ich mich ganz ihnen widme. Zumeist sind das Freund:innen, die ich schon länger nicht mehr gesehen habe, und mit denen ich mich zu einem Kaffee verabrede. Ich freue mich darauf, weil ich schon länger keine Zeit für sie hatte und es viel zum Tratschen gibt. Im Gegenzug heißt das aber auch, dass ich weniger Zeit für anderes habe.

Habe ich dann alle Geschenke, müssen diese auch noch für die Abholung des Paketdienstes vorbereitet werden. Also wird jeder Sonntag zum Packtag. Tschüss Netflix. Tschüss Jogginghose. Tschüss Ausschlafen und Mittagsschlaf. Hallo Pakete packen!

Haben wir dann alle Geschenke verpackt und / oder für den Weiterversand vorbereitet (104 versandfertige Packerl, 17 Geschenke zum Liefern, 70 Geschenke auf Paletten und 3 Geschenke für die Post — Geschenke an Geschwister werden zusammen verpackt und versendet) heißt das nochmals alles kontrollieren. Ist das erledigt, fängt die Arbeit des Versands an. Alle Pakete für den Versand müssen nämlich nochmals mit Labels des Paketdienstes etikettiert werden. Die Geschenke auf den Paletten müssen gestapelt und mit Folie zum Schutz gegen schlechtes Wetter eingewickelt werden. Die Pakete zum Liefern müssen in mein Auto gepackt und gebracht werden. Heißt für mich im Dunkeln von A nach B über Berg und Tal fahren. Jedes Jahr denke ich mir bei dieser Strecke aufs Neue: „Nächstes Jahr fahre ich nicht mehr so spät“.

Sind alle Packerl abgeholt und / oder geliefert worden, geht für mich die Nacharbeit los. Nicht nur, dass wir etwas Gutes tun, es muss natürlich auch jeder davon wissen. Daher gehören Bilder vorbereitet, Inhalte geschrieben und auf diversen Social Media Plattformen Postings vorbereitet. Wenigstens die Veröffentlichung von diesen erfolgt automatisch.

Habe ich dann alles erledigt, denke ich mir: „Schön, jetzt habe ich Zeit für mich“. Doch, sobald ich diesen Gedanken gedacht habe, entpuppt sich dieser meist als falsch.

Mein liebes Tagebuch, du musst dir vorstellen, dass ich mich dieses Jahr wirklich wie das Christkind fühle. Ich — eigentlich wir als Verein, aber egal — habe nämlich noch mehr getan. In dem ganzen Zeitmanagement habe ich noch die Zeit gefunden, mit dem LKH Graz zu kommunizieren und ihnen anzubieten, dass wir Sachspenden an diese liefern möchten. Das LKH war davon sehr begeistert und so habe ich einen weiteren Nachmittag „geopfert“ um alle Sachspenden, die wir bekommen haben, in mein Auto zu laden und dem LKH Graz für die Kinderklinik zu bringen. Geplant hatte ich dafür einige Minuten bis höchstens eine halbe Stunde. Das Team des LKH hat mich jedoch überrascht mit einer Dame der Pressestelle, einem Fotografen und diversen Anfragen. Ich musste also für Fotos posieren, ein Interview geben und Fragen beantworten. Wieder ein halber Tag weg — Natürlich für den guten Zweck!

Was ich jetzt mit dem Christkind gemeinsam habe?

• Zeitstress
• Lieferstress
• Denkstress

Ich stelle mir das Christkind im Dezember vor, wie ein Duracell-Häschen. Überall gleichzeitig, kurze Gedankensprünge und trotzdem immer fokussiert bei der Sache (bei einer Sache). Im Dauerstress, weil die Geschenke nicht fertig sind, weil die Pakete ausgeliefert werden müssen und weil kein Platz ist, um an etwas anderes zu denken. Alles andere muss einfach warten! Und genau so fühle ich mich auch.

Ich habe einen Zeitstress, weil alle Geschenke natürlich bis zu einem gewissen Tag bei uns sein müssen. Einen Lieferstress, weil die Geschenke natürlich zu den Kindern geliefert werden müssen und einen Denkstress, weil mein Gehirn voll ist mit Sachen für „wünsch mir was“. Also alles in allem: Gestresst.

Was mir dabei hilft?

Gut, dass du fragst, liebes Tagebuch. Die Antwort ist einfach: Weihnachtslieder. Die bringen mich in dieser Zeit immer runter und verleiten mich zum Schunkeln. Ein kleines Tänzchen zwischendurch (und das geht auch beim Geschenke einpacken) verhilft Wunder. Außerdem noch Kekse und Plätzchen. Die sind superlecker, senken den Stresspegel und durch das ständige Unterwegssein können sich diese auch nicht auf den Hüften absetzen (außerdem brauch ich in der Zeit sowieso eine viel höhere Zuckerzufuhr).

Was mir zudem hilft, ist die Aussicht darauf, dass alles wieder vorbei sein wird. Spätestens ein paar Tage vor Weihnachten ist alles abgeschlossen und ich kann die Weihnachtstage über meine privaten Pläne (Netflixen, Schlafen…) nachholen.

Und was mir sowieso hilft: Das Wissen, dass ich etwas Gutes tue! Ich selbst lade mir viel zu viel auf und auch dieser Eintrag hier, mein liebes Tagebuch, ist einfach nur #mimimi auf höchstem Niveau. Die Kinder, die wir beschenken, die Eltern, die wir entlasten und die Freude, die wir weitergeben, ist das, was mir wirklich dabei hilft, nicht zusammen zu klappen und es nächstes Jahr wieder zu machen!

So wie das Christkind. Auch das Christkind kommt jedes Jahr wieder und nimmt all den Stress auf sich, für strahlende Kinderaugen!

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Written by Tamara Schiffer

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