Von einer Projektarbeit zur realen Umsetzung

Tamara Schiffer
8 min readSep 29, 2021

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Ein Masterstudium kann einem viel abverlangen. In Content Strategy, dem Masterstudium der FH Joanneum, ist dies bei den Projektarbeiten der Fall. Jedes Semester schließt mit so einer ab. Das Thema jeder Projektarbeit sollte die behandelten Themen im jeweiligen Semester davor behandeln. Im ersten Semester des Masterstudiums hatten wir viel über Audits, Content Erstellung und Strategien im Umgang mit Verbreitung von digitalen Inhalten gelernt. Aus diesem Grund war es für mich naheliegend über ein mir schon zu lang bekanntes Problem anzugehen und zu beschreiben: Die Website meines charitativen Vereins.

wuenschmirwas.at

Zuallererst: Mein Verein

Ich bin Mitgründerin des Vereins „wünsch mir was“. Bevor wir jedoch ganz groß und hoch offiziell von einem Verein sprechen durften (Gründung August 2021), waren wir jahrelang ein Projekt, dass von Privatpersonen geführt wurde. Meine Schwester hat dieses im Jahr 2014 gegründet, um einem Kindergarten, in dem sie arbeitete zu helfen und seitdem ist das Projekt gewachsen und mittlerweile ein Verein. Die Arbeit des Vereines, und auch des Projektes, liegt darin, Kindern in Österreich, deren Eltern es sich nicht leisten können, zu besonderen Anlässen Aufmerksamkeiten zukommen zu lassen. Dies tun wir, indem wir zu Ostern kleine Osternester versenden, zum Schulstart Kinder mit allen notwendigen Schulsachen ausstatten und zu Weihnachten Weihnachtsgeschenke verschicken. Wir arbeiten hierbei mit Organisationen, wie auch einer Facebook-Gruppe und einer Frühförderin zusammen. In Zahlen waren das im Jahr 2021: 163 strahlende Kinder zu Ostern, 30 glückliche Kinder zum Schulstart und Weihnachten steht uns dieses Jahr noch bevor. Im vergangenen Jahr konnten 207 Kinder beschenken und diese Zahl steigt jährlich. Die Unterstützung erhalten wir hierfür von Helfern, die wir liebevoll „Helferlein“ nennen. Sie gehen für die Kinder einkaufen und nur so können wir so viele Kinderaugen zum Strahlen bringen.

Wenn also so viele Kinder beschenkt werden und demnach auch gleich viele Menschen als Helfer benötigt werden, ist es nur naheliegend auch eine Plattform zu haben, die Informationen bereithält. Also haben wir im Jahr 2019 eine Website gestaltet: www.wuenschmirwas.at

Neben unserer Facebook Seite und unserer (neuen) Instagram Seite, ist dies die wichtigste Anlaufstelle, für jene Personen, die sich über unser Vorhaben informieren möchten und sich als Helfer registrieren möchten. Doch hilft so eine Website nur, wenn sie 1. ansprechend gestaltet ist, 2. leicht verständlich ist und 3. auf dem neuesten Stand ist. Und genau, dass war mein lang bekanntes und vor mich hin geschobenes Problem.

Weiterbildung bildet

Mir war schon immer bewusst, ganz tief in meinem Inneren, dass die Website nicht ganz dem heutigen Zeitalter entspricht. Ein sehr guter Freund, der auch die Website implementiert hat, hat es auf den Punkt gebracht: „Das Layout war schon im Jahr 2010 out.“ Die Probleme, die ich mit der Website hatte — auch wenn ich sie einfach geliebt habe, weil sie da war — waren auf den ersten Blick ersichtlich und doch habe ich die Augen davor verschlossen. So lange, bis die FH mich gezwungen hat, hinzusehen.

Im ersten Semester des Masterstudienganges Content Strategy werden die Studentinnen und Studenten mit vielen Herangehensweisen, was Content Strategy bedeuten kann, überhäuft. Gefühlt jeder Lektor und jede Lektorin hat ein eigenes Verständnis dafür (was ich mittlerweile in meinem dritten Semester absolut nachvollziehen kann). Die goldene Regel gibt es nicht. Jeder und jede Person kann es anders auslegen. Zudem werden wir dazu angestiftet Content wirklich wahr zu nehmen. Also nicht nur einfach zu lesen, anzuhören, anzusehen oder zu spüren, sondern auch wirklich mit dem großen Ganzen zu vergleichen. Passt der Content zum Unternehmen? Wird das Unternehmen einheitlich präsentiert? Ist das Setting, die Schreibweise, die Ansprache, die Wortwahl, aufeinander abgestimmt? Natürlich spielen hier auch Corporate Identity und Corporate Design eine Rolle, aber vielmehr geht es um den roten Faden, der sich durchziehen soll und um das Gefühl, dass vermittelt werden soll.

Als wären wir nicht schon damit genug beschäftigt, auf das alles zu achten, kommt dann auch noch das Fach „Content Inventory and Audit“ um die Ecke. Einfach erklärt geht es darum, eine Inventur einer Website zu erstellen, inklusive:

· aller Überschriften

· aller Unterüberschriften

· aller Bilder

· aller PDF’s

· aller Links

· aller Hierarchien

… und als wäre das nicht genug, muss diese Inventur auch noch einem Audit unterzogen werden. Bedeutet also, dass alle Seiten einer Website überprüft und nach vorher gesetzten Werten und Zielen bewertet wird. So kann man erkennen, ob das große Ganze wirklich auf jeder Seite umgesetzt wird und das Unternehmen einheitlich präsentiert wird. Unser Jahrgang — COS20 — musste diesen Vorgang auf die harte Weise lernen, anhand der Website der gemeinnützigen Organisation „Light for the World“ (https://www.light-for-the-world.org). Ein Monstrum an Website, dass unzählige Unterseiten hat, unzähliges Bildmaterial und PDF’s zu Verfügung stellt und auch unzählige Hierarchien beherbergt. Wenn so eine Gruppenarbeit dann mal vorbei ist, denkt man sich ganz einfach nur „Nie mehr!“. Und doch habe ich nicht mal einen Monat später genau das gemacht.

Meine Projektarbeit = Mein Problem mit meiner Website

Die Projektarbeiten, oder auch Semesterarbeiten genannt, sollen das Gelernte aus dem jeweiligen Semester wiedergeben. Hierfür sind die Studenten angehalten, einen realen Fall zu nehmen, also über ein wirkliches Unternehmen / Projekt zu schreiben. Da diese Arbeiten dazu dienen, das Gelernte in die Tat umzusetzen, wird eine Fantasiefirma nicht geduldet. Ich persönlich, habe schon in meiner Bachelorarbeit über mein Projekt geschrieben, weil es mir wichtig erscheint, über etwas zu schreiben, dass ich umsetzen kann und das mir etwas bringt. Also war es für mich naheliegend auch im Masterstudium mein Projekt für solche Zwecke heranziehen werde. Außerdem konnte ich nach dem ganzen Gelernten und dem monströsen Audit nicht mehr die Augen verschließen vor dem was ich fürchtete: Die Website.

Ich wollte immer unbedingt eine Website für „wünsch mir was“ haben. Ich mag es nämlich einen Ort zu haben, an dem man alles zusammenträgt. Eine Art zu Hause, an dem alles zusammenfließt. Ich habe es mir wunderschön ausgemalt. Eine Sammlung von unserer Geschichte, unseren Aktionen, unseren Facebook und Instagram Beiträgen und auch unseren Presseerwähnungen und Publikationen. So schön und doch gab es diesen Ort leider nicht. Ich könnte jetzt sagen, ich hätte die Mittel nicht gehabt, die Zeit, das Know-How oder sonstiges hätte mir gefehlt, und doch ist es einfach so, dass ich es aufgeschoben habe. „Mach ich mal“ war mein Mantra. Bis die Projektarbeit auf mich zu kam und ich gefragt wurde, was ich machen will. Da lag dann die Vorbereitung für den Website Relaunch für mich auf der Hand. Ein Relaunch ohne vorherige Inventur der Inhalte und anschließendem Audit ist, wie ich gelernt habe, nicht sinnvoll. So bekam meine Arbeit den schönen Titel „Audit für den Website Relaunch von wuenschmirwas.at“.

Die Probleme der Website waren mir schon im Vorhinein bekannt:

· die Texte waren alt und nicht mehr auf dem neuesten Stand

· das Bildmaterial auf der Website war wild zusammengestellt und hatte kein klares Design

· es gab keinen Platz für PR und Publikationen, die Darstellung von Social Media war nicht schön

· die Suchmaschinenoptimierung war nicht gegeben

· die Responsive Ansicht sah komplett anders aus als die Website

… und das größte Problem war, dass Personen, die uns nicht kannten, nicht gleich auf Anhieb verstehen konnten, um was es eigentlich geht.

In meiner Projektarbeit habe ich also eine Inventur über alle Inhalte der Website gemacht und sie gewissen Kriterien gegenübergestellt und Benotungen unterzogen. Außerdem habe ich Interviews mit der „Think Aloud“ Methode geführt, um zu sehen, wie sich Personen, die noch nie bei unseren Aktionen mitgemacht haben und die Website zuvor noch nie gesehen haben, zurechtfinden. Ich wollte wissen, was sie zu den Texten sagen, was sie von den Bildern halten und generell in Erfahrung bringen, ob sie sich nun auskennen, was wir machen oder nicht.

Meine Projektarbeit umfasste schlussendlich 29 Seiten und enthielt sieben große Bausteine mit Handlungsempfehlungen. Ich bekam die Note „Sehr gut“ dafür und doch war meine Arbeit noch nicht getan.

Der Website Relaunch

Nachdem ich die Projektarbeit abgegeben habe und ich durch die Benotung auch die Gewissheit hatte, dass alles schlüssig ist, ging die Arbeit erst richtig los. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt, ich muss vieles ändern. Während des Audits und auch während der Interviews, bekam ich das Zweifeln und entschied, die Inhalte der Website von Grund auf neu zu gestalten. Ich riss also nicht das ganze Haus ab, sondern entrümpelte alles bis auf die Außenmauern und das Dach. Das Dach in diesem Fall sind die Farben und das Grunddesign, welches schon immer einfach gestaltet war. Die Außenmauern waren hierbei die Menüpunkte, die beibehalten und ergänzt wurden. Doch das Innere musste neugestaltet werden. Also hieß das für mich hinsetzen und machen.

Wenn man so wie ich schon 29 Seiten an Schreiben hinter sich hat, möchte man wahrscheinlich seinen Laptop nicht gleich wieder zur Hand nehmen und Texte verfassen. Daher habe ich mit den grundlegenden Dingen begonnen und mich mit meinem Website-Ersteller, der ein wirklich guter Freund von mir ist, zusammengesetzt. Er musste immerhin aus meinen blanken Außenmauern wieder ein Haus bauen. Als nächstes habe ich dann meine älteste Schwester angerufen (die zum Glück Fotografin ist) und ein Fotoshooting organisiert, immerhin brauchen wir ja nicht nur ein neues Haus sondern auch eine neue Einrichtung und zu der gehören nun mal Bilder. Da ich mittlerweile für das Projekt gut vernetzt bin, habe ich meine liebe Freundin angerufen, die gleichzeitig meine Studienkollegin und Grafikdesignerin für „wünsch mir was“ ist, und neue Design besprochen. Weil ich noch immer keine Texte schreiben wollte, habe ich mich hingesetzt und für weitere Grafiken gesorgt. Bilder sagen ja bekanntlich mehr als Worte und daher wollte ich auch unsere bisherigen Aktionen bildlich darstellen. Als das alles gemacht war, kam ich nicht mehr umher und die Texte mussten geschrieben werden. Anmerkung: Sie gingen mir leichter von der Hand als vorher angenommen! Der gesamte Prozess eines Relaunches hat natürlich noch weitere Schritte und Prozesse und dauert über einen langen Zeitraum. In meinem Fall waren es über ein halbes Jahr.

Neue Website = Never ending story

Doch endlich ist es soweit. Im September 2021 ist die neue Website www.wuenschmirwas.at online. Als ich im Februar 2021 meine Projektarbeit abgegeben hatte, hätte ich nicht gedacht, dass dieser Tag endlich kommen würde. Nach so langer Arbeit ist es wirklich schön zu sehen, für was dieser ganze Stress gut war. Und doch ist es noch nicht vorbei. Wie schon Limahl gesungen hat „never ending story — aha aha ahaaaa…“ (Sorry für den Ohrwurm). Die Texte gehören ständig angepasst und ergänzt, die Aktionen vervollständigt und diverse Publikationen und Presse-Erwähnungen hinzugefügt. Dazu noch die Grafiken gebastelt und für Social Media sollte auch noch Zeit bleiben, damit auch die Einbindungen auf der Website up-to-date bleiben. Doch auch wenn diese Arbeit wie ein Wäschehaufen nie ganz verschwinden wird, so mache ich sie trotzdem gerne. Denn ich konnte am Anfang des Jahres noch nicht mal die Website ohne schlechtem Gewissen öffnen und heute präsentiere ich sie stolz auf all meinen Social Media Kanälen.

Genau das zeigt mir, dass Projektarbeiten nicht umsonst geschrieben werden und ich auf alle Fälle das richtige Studium gefunden habe. Auf weitere Semesterarbeiten über „wünsch mir was“ und weitere Erfolge in meinem Verein, die mir durch die schriftliche Vorbereitung für die FH Joanneum nicht so einfach gefallen wären.

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Tamara Schiffer
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Written by Tamara Schiffer

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